Rigide versus agile Unternehmenskulturen


Kulturelle Aktivitäten finden nicht nur im öffentlichen Raum statt, sondern sind auch im Wirtschaftsleben ein bedeutender Identifikationsfaktor von und in Unternehmen. Mit einem Augenzwinkern können zwei gegensätzliche Aus­prägungen, die rigide versus agile Unternehmenskultur, betrachtet werden. 



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Agile Unternehmen und deren Kulturen unterscheiden sich ggü. rigiden insbe­sondere durch die Intensität der kooperativen Beziehungen und einen starken Focus auf die Mitarbeiterzufriedenheit (vgl. u.a. Brandl, 2014; Kellermann, 2014; Roghe/ Toma, 2017; Arnold, 2018, S. 111 ff.; Sörensen, 2018). Die interne Kultur einer Organisation entwickelt sich vom Gründungsprozess an ständig weiter und verselbstständigt sich mit der Zeit (vgl. u.a. Sackmann, 2002; Sackmann, Bertelsmann-Stiftung, 2004; Bleis und Helpup, 2009, S. 106ff).


Bei der Gründung der Unternehmung bestehen in den Köpfen der Urväter bzw. Urmütter heterogene Ansichten darüber, wie die Organisation zu funktionieren hat, welchen Zweck sie erfüllen muss und auf welchem Weg die Erfolge zu erzielen sind. Die zu diesem Zeitpunkt erfolgreichen Vorstellungen setzen sich durch. Wächst die Unternehmung, verfestigen sich die Strukturen, obwohl oftmals die Umweltbedingungen nicht mehr denen der Gründerzeit entsprechen (vgl. Brandl, 2014). 

Nicht nur die Mitarbeiter, die von Anfang an dabei waren, sind auf diese Struk­turen und tradierten Wertvorstellungen eingeschworen. Auch neue Mitarbeiter erhalten diese eingeimpft z.B. durch formale Regelungen, informelle Übungen und Rituale oder durch Geschichten, Anekdoten und Mythen über die Organi­sation. In diesen Mythen werden Heldentaten von Gründern oder früheren Mitarbeitern und Führungspersönlichkeiten verherrlicht. Sie dienen als Vorbild. Insbesondere inhabergeführte Mittelstandsunternehmen sind manchmal in diesem Regelkreis gefangen. Hier liegen auch Sanktionsmechanismen begrün­det, die die Rigidität sowohl von Werten als auch von Einstellungen und Verhaltensweisen fordern. 

Ein gegensätzlicher, agiler Unternehmenstypus ist, wo abweichende Meinungen grundsätzlich erwünscht und sogar belohnt werden. Solche Organisationen bieten den Mitarbeitern sowohl eine „Heimat“ als auch Zukunftschancen. Sie fördern dabei explizit Karriere- und Entwicklungsperspektiven (vgl. u.a. Schlipat/ Martin, 2015,). Produktive und kreative Konflikte werden so gefördert und dienen gleichzeitig als Element zur Entwicklung von Persönlichkeiten in der Führungsrolle (vgl. Arnold, 2018).

In rigiden Unternehmen werden abweichende Meinungen oftmals schon im Vorfeld negativ sanktioniert, die Informationswege sind reglementiert. Widerspruch wird als Majestätsbeleidigung angesehen. Dort gilt noch der Satz des klassischen Altertums: „Der Überbringer einer schlechten Nachricht wird erst einmal geköpft.“ Mitarbeiter und Führungskräfte, die sich für das Firmenwohl gern köpfen lassen, sind jedoch dünn gesät, so dass in diesen Organisationen berechtigte Kritik und schlechte Nachrichten gar nicht erst überbracht werden.

In agilen Unternehmen mit hoher Prozessausrichtung, Informationstransparenz und Interaktionsdichte, in denen der Platzhirsch ständig konstruktiv herausge­fordert wird, werden konträre Ansichten wesentlich häufiger geäußert, diskutiert und in zielführende Maßnahmen umgesetzt. Die Projekt- und Teamarbeit steht unter prozessualen und innovativen Vorzeichen. Das Führungshandeln lässt Freiräume und Eigenverantwortung zu.


Welcher Unternehmenstyp letztlich erfolgreicher sein wird, hängt von den externen und internen Erwartungen und Anforderungen an die Unternehmung ab (vgl. u.a. Marek, 2010, S. 13ff.). Ob die Verfahrens- und Verhaltensweisen einer agilen Organisation in jedem Fall besser sind, kann mit einem Frage­zeichen versehen werden. Kreative Lösungen haben in Organisationen mit einem dynamischen Umfeld und heterogenen Mitarbeiterstamm die größeren Chancen, entdeckt zu werden (vgl. u.a. Bambach und Kuhn-Fleuchaus, 2011, S. 108ff). 


Prozesse und Problemfelder werden hier unter verschiedenen Gesichtspunkten mit unterschiedlichem Vorwissen betrachtet. Dagegen besteht in einer rigiden Organisation die Gefahr geistiger Inzucht. Probleme und Prozesse werden immer aus ähnlichen Perspektiven beleuchtet, und falls aus diesem Blickwinkel keine Lösung in Sicht ist, schnell als unlösbar ad acta gelegt. Potenzielle Marktchancen werden vertan (vgl. Roghe/ Toma, 2017).

Die Anzahl der Ideen und ihre kreativen Ausprägungen werden in der agilen Organisation umfangreicher sein. Weitere Vorteile ergeben sich durch ein effizienteres Arbeiten, schnellere Reaktionsfähigkeit auf Veränderungen, laufende Prozess- und Produktverbesserungen und ein Mehr an qualifizierten und engagierten Mitarbeitern (vgl. Sörensen 2018). Diese Agilität umzusetzen, erfordert jedoch eine gewisse Disziplin oder sogar Rigidität, um die Vor- und Nachteile zu prüfen (vgl. u.a. Hauschildt/ Salomo, 2010).

Literaturhinweise: Arnold, R.: Das kompetente Unternehmen, 2018.; Bambach, M./Kuhn-Fleuchaus, C.: Diversity Management – Unsichtbare Potenziale fördern, Stuttgart, 4. Auflage, 2011.; Bleis, Ch./Helpup, A.: Management – Die Kern­kompetenzen, München, 2009.; Brandl, P.: Wie rigide Führung Unternehmen lähmt, in: Human Resources Manager, 14.10.2014.; Hauschildt, J./ Salomo, S.: Innovationsmanagement, München, 6. Auflage, 2010.; Kellermann, B.: Bad Leadership, 2014.; Marek, D.: Unternehmensentwicklung – Verstehen und Gestalten: Eine Einführung, Wiesbaden, 2010.; Roghe, F. /Toma. A: Boosting Performance Through Organization Design, bcg.com, 17.7.2017.; Sackmann, S.: Bertelsmann Stiftung: Erfolgsfaktor Unternehmenskultur, Gütersloh, 2004.; Sackmann, S.: Unternehmenskultur, 2002.; Schlipat, H./Martin, M.: Heimat und Perspektive bieten, in: personalmagazin, 04/15.; Sörensen, D.: Agiles Arbeiten: Was ist das?, in: digitaler-mittelstand.de, 9.5.2018.


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