Parallelitäten zwischen Golf und Managern


Wer das Glück - oder das Unglück - hat, einige Tage in einem renommierten Golfhotel als Nichtgolfer zu verbringen, lernt zwangsläufig vieles über die Denk- und Handlungsweisen der Golfer kennen.

 

Lauscht man dieser Spezies in abendlicher Stunde, so werden Stories kolportiert und Wortkreationen kommuniziert, die nur Insider vordergründig richtig deuten können. Als Outsider in diesem Kreis sind einige dieser Verhaltensweisen und Begrifflichkeiten jedoch durchaus mit denen aus der Welt des Managements und den (auch) dort Erfolgreichen zu assoziieren. Bemerkenswert ist schon der Begriff „Golfer“, beinhaltet dieses Wort doch exakt die gleichen Buchstaben wie der Begriff „Erfolg“. Mag dies noch Zufall sein, so lassen sich jedoch bei näherem Hinsehen - wenn auch nicht immer ernst gemeint - vielfältige Parallelitäten zwischen dem Golfer an sich und den Verantwortungsträgern im Management ziehen.

 

Während in der Golferszene nach kurzem Kennenlernen schon jeder offen über sein „Handicap“ in einen Dialog tritt, finden solche Gespräche im Wirtschaftsleben bei den dort Beteiligten eher rudimentär statt. Führungskräfte kommunizieren eher Erfolge, als dass sie über „Handicaps“ offen reden. Manager streben i. d. R. nach individueller Profilierung und Unverwechselbarkeit. Diese Sehnsucht nach Ein­maligkeit findet eine Entsprechung durch die Sehnsucht eines jeden Golfers nach dem „hole in one“, jenem Schlag, der jede weitere Aktion überflüssig macht.

 

Golf-Anfänger plagen sich mühsam auf der Drivingrange ab, um später zumindest beim Abschlag zu jedem „Loch“ ein definiertes Ziel zu erreichen und eine gewisse Distanz zwischen dem hier und jetzt und der Zukunft zu platzieren, wogegen oftmals Top-Führungskräfte ihre „Abschläge“ und Ziele in jene Richtung katapul­tieren, wo sie am Ende mit Sicherheit alleine enden werden. Dieses hilft dann den Mythos der Einmaligkeit zu reproduzieren.

 

Spricht man mit Golfern über ihre „Selbsterfahrung“ im Rahmen ihrer Golfaktivi­täten, so fällt vielfach das Wort „Demut“. Das vermeintlich leichte Spiel mit Schläger und Ball erweist sich als hochkomplizierte Angelegenheit, die Ausdauer, Routine und wenn man ähnlich erfolgreich wie im Beruf sein will, eine hohe zeitliche Verpflichtung verlangt. Der Begriff Demut ist dem gegenüber im Top-Management kaum platziert. Eher wird Hochmut an den Tag gelegt, was zwangsläufig zu einer Diskrepanz zwischen Selbstbild und Fremdbild führt. Die Folge ist vielfach Einsam­keit - eine spezielle Form der angeführten Einmaligkeit.


Analog zur Top-Managerrealität kann das Golfspielen die Einsamkeit forcieren. Ohne vorherige Absprache mit Mitspielern bzw. Mitspielerinnen kann jeder für sich an seinem „Handicap“ arbeiten. Überspitzt formuliert kann gefolgert werden, dass das Golfspielen nahezu dazu verführt, sich selber ausschließlich als Maß aller Dinge zu fühlen. Dabei kann das „gegen sich spielen“ mitunter pathologische Tendenzen annehmen. Der kürzeste Golfwitz lautet übrigens: „Ich kann’s!“

 

Befinden wir uns mitten im Golfspiel, so muss selbst der beste Spieler darauf achten, den Ball nicht „in den Sand zu setzen“. Anderenfalls führt dies die betreffende Person in den „Bunker“, vergleichbar mit der Situation eines Top-Managers, der in den Kellerräumen der Registratur nach seinen in den Sand gesetzten Geschäftsvorfällen fahnden muss.

 

Parallelen zur „Situativen Führung“ im Berufsleben lassen sich beim Golfer herstellen durch das problemadäquate Reagieren je nach Kurs, Loch bzw. Lage des Golfballes und dem Grad der eigenen Unzulänglichkeit. Mit Hilfe mehrerer Schläger, intensivem Nachdenken und Analyse der Situation sowie durch Hinzuziehung der Meinung seines Umfeldes versuchen erfolgreiche Golfspieler diese Problemlagen zu bewältigen. Ein solches situationsadäquates Hand­lungsrepertoire wäre durchaus auch im Wirtschaftsleben mehr wünschenswert.

 

Das Absolvieren eines 18-Loch-Kurses kann durchaus einen Zeitraum von mehreren Stunden umfassen und führt für viele dieser Akteure in ein „Management by wondering around“. Im Berufsleben wünscht man sich bei Führungskräften ein ähnlich zeitlich intensives Engagement, allerdings ausgedrückt als ein „Management by walking around“ zwecks Herstellung eines intensiven Kontaktes insbesondere zu den Mitarbeitern, um den Kurs des Unternehmens erfolgreich zu bewältigen.

 

Manager meinen vielfach, sie haben Erfolg ohne zu erkennen, dass der Erfolg sie hat. Neue Denk- und Handlungsmuster stellen sich erst durch leidvolle Erfahrungen ein, die i. d. R. misserfolgsgeprägt sind. Ähnlich wie Golfspieler am „sichtbaren“ Misserfolg lernen, sollten Führungskräfte auch stets einen Blick auf ihre Misser­folgsabhängigkeit haben.

 

Der schon angesprochene Aspekt der selbstreflektierten „Demut“ zeigt sich ins­besondere, wenn man oder besser noch der Ball das „Green“ erreicht hat. Das Ziel, in diesem Fall das Loch, liegt in wahrnehmbarer Nähe. Es ist „augenscheinlich“ und der Weg zur Zielerreichung ist in aller Regel präsent. Eine konkrete, nachvollzieh­bare und „augenscheinliche“ Zielformulierung erscheint auch im Manager-Mitarbeiter-Dialog erfolgsversprechender als oftmals vorzufindende verbale und zudem austauschbare Manager-Appelle zur Erreichung eines vermeintlich gemeinsamen Ziels. Herausfordernde, wahrnehmbare und realisie-rungsfähige Ziele sind in den Verantwortungsbereich des einzelnen Mitarbeiters zu „putten“.


Um in der Golfszene mitsprechen und insbesondere mitspielen zu können, benötigt jeder Akteur eine Platzreife, die anhand standardisierter Vorgaben international vergleichbar ist. Manchmal kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Manager ohne eine entsprechende Managementreife agieren. Für diese „Führungs­persönlichkeiten“ wäre es sicherlich sinnvoll, zunächst im Beruf als „Caddy“ zu arbeiten, damit man ohne schmerzvolle Selbsterfahrung die to do’s und not to do’s der Managementwelt kennen lernt. Vielleicht erkennt dann manche aufstrebende Führungskraft, dass ihre reale Bestimmung nicht im verantwortungsvollen Führen von Unternehmen und Menschen liegt sondern ausschließlich - als Golfer - in der Arbeit am Handicap.


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