Freundschaften: Der Unterschied macht’s!


Gegensätze sollten sich anziehen – zumindest wenn es um Freundschaft geht. Denn wer sich auf einen andersartigen Freund einlässt, gleicht sich ihm teilweise an und probiert dadurch neue Verhaltensweisen aus. Ein beiderseitiger Lern- und Wachstumsprozess setzt sich in Gang. Im Wechselspiel der unterschiedlichen Einstellungen, Denk- und Verhaltensweisen entwickeln sich bislang unentdeckte Möglichkeiten sein eigenes Bild zu hinterfragen und zu verändern.

 

Man kennt sie aus Schulzeiten – die Freunde, die unzertrennlich sind, aber eigentlich gar nicht zusammenpassen. Der eine ist laut und wild, der andere schüchtern und angepasst. Wissenschaftler haben dieses Phänomen nun untersucht und festgestellt, dass solche Freundschaften die beste Persönlichkeitsschule sind. Für ihre Studie hatten Paul Nelson, Avril Thorne und Lauren Shapiro von der University of California in Santa Cruz Freundespaare untersucht, von denen beide einen extremen Wert entweder auf der Extraversion- oder Introversion-Skala hatten. Mit Extraversion bzw. Introversion bezeichnen Psychologen eine grundlegende menschliche Eigenschaft, die das Verhältnis einer Person zur Außenwelt beschreibt.

 

Während Extravertierte kontaktfreudig und dominant sind, sind Introvertierte zurückhaltend und scheu. 66 solcher extremen Freundespaare fanden die Forscher. In 25 Fällen hatten sich dabei ein Extrovertierter und ein Introvertierter zusammengetan. Die restlichen – 19 Freundschaften zwischen zwei Introvertierten und 22 Freundschaften zwischen zwei Extravertierten – dienten als Vergleichsgruppe. Leitfrage war, ob es bei ungleichen Freunden zu einer komplementären Rollenverteilung kommt, der Aktive also noch quirliger und der Stille noch ruhiger wird, oder ob sich die beiden Extreme aufeinander einstellen.

 

In einigen Bereichen fanden die Forscher bei den gegensätzlichen Freunden tat­sächlich eine komplementäre Verstärkung. So waren z.B. Introvertierte mit einem extrovertierten Gegenüber - häufiger als in einer Freundschaft mit einem Gleichge­sinnten - die Stabilisatoren und Zuhörer. Während in der Vergleichsgruppe der Introvertierten, die mit Introvertierten befreundet waren, meist über Sachthemen geredet wurde, kommunizierten die Introvertierten mit Extravertierten meist über emotionale Themen.

 

Sie ließen sich also von ihren Freunden zu mehr Offenheit verleiten. Und auch die Extravertierten passen sich – trotz ihrer sonstigen Dominanz – den Vorlieben ihrer introvertierten Freunde an. Mehr als die Hälfte von ihnen erklärte, dass sie ihre Freundschaft am liebsten zu Hause pflegten – eine an sich sehr untypische Aussage für diesen unternehmungslustigen Menschentyp (vgl. Psychologie heute, 06/2011, S.11).




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